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Ich war auf einer 14-tägigen Fastenkur - so hat sich mein Körper verändert

Philippe Roukoz, aus dem Medical-Content-Team von Aware, begab sich auf eine 14-tägige Reise, um die gesundheitlichen Vorteile des Fastens und dessen Auswirkungen auf Blutwerte zu erkunden. Hier ist, was er dabei herausgefunden hat.

Profil

  • Philippe Roukoz, 28 Jahre
  • Hobbys: Tennis, Wandern, Klavier
  • Beruf: Medizinstudent und Medical Content bei Aware
  • Gesundheitsziele: Körperlich und mental fit bleiben

Ein Hinweis zum Fasten

Jedes Fasten, das länger als 72 Stunden dauert, sollte unbedingt unter ärztlicher Aufsicht erfolgen. Fasten ist unter anderem nicht empfohlen für Schwangere oder stillende Personen sowie für Menschen mit Typ-1-Diabetes, Essstörungen oder bestimmten neurologischen Erkrankungen.

Dieser Artikel behandelt das Thema Fasten – einschließlich Methoden, potenzieller Vorteile und kultureller Praktiken. Dabei werden auch restriktive Essverhalten thematisiert, was für Menschen mit (oder in der Genesung von) Essstörungen belastend sein kann. Bitte sei achtsam mit dir selbst, achte auf dein Wohlbefinden beim Lesen und hole dir Unterstützung, wenn du sie brauchst.

Auf der Suche nach mehr Klarheit im Kopf und einer tieferen Verbindung zu meinem Körper begab ich mich auf eine 14-tägige Fastenkur – und wollte dabei auch herausfinden, wie sich Ernährung konkret auf mein Wohlbefinden auswirkt. Mithilfe der Bluttests von Aware konnte ich dabei genau beobachten, wie sich das Fasten auf meine Biomarker ausgewirkt hat.

Was ich dabei gelernt habe:

Was ist Fasten und wie funktioniert es?

Die Fastenmethode, die ich gewählt habe, nennt sich Buchinger-Fasten. Sie geht auf den Arzt Otto Buchinger zurück, der das Heilfasten im frühen 20. Jahrhundert populär machte. Bei dieser Methode nimmt man maximal 350 kcal pro Tag zu sich – in Form von leichten Suppen, Gemüsesäften, etwas Joghurt sowie viel Wasser und Kräutertee.

Das unterscheidet sich vom Intervallfasten, bei dem man täglich nur in einem Zeitfenster von z. B. 8 Stunden isst. Andere bekannte Formen sind das 6:1 oder 5:2 Fasten, bei dem man an 1 bzw. 2 Tagen pro Woche nur 500-700 kcal zu sich nimmt – an den anderen Tagen wird normal gegessen. Beim alternierenden Fasten (Alternate Day Fasting) wiederum wird jeden zweiten Tag gefastet – für bis zu einen Monat.

Was passiert beim Fasten im Körper?

Fastenzeiten ab 72 Stunden haben bemerkenswerte physiologische Effekte:
Nach 3–5 Tagen beginnt der Körper, Ketonkörper statt gespeicherten Zucker (Glykogen) als Hauptenergiequelle zu nutzen. Ketone entstehen vor allem durch den Fettabbau. Parallel dazu stellt der Körper in geringem Maße selbst Glukose her – dieser Prozess nennt sich Glukoneogenese.

Außerdem wird nach einigen Tagen Fasten die sogenannte Autophagie aktiviert: Dabei baut der Körper alte Zellbestandteile oder fehlerhafte Proteine ab und recycelt deren Bestandteile als Energiequelle. Dieser „zelluläre Frühjahrsputz“ ist ein aktueller Forschungsschwerpunkt im Bereich Langlebigkeit.

Warum so eine strenge Fastenkur?

Der Hauptgrund, warum ich mich fürs Fasten entschieden habe, war, mehr mentale Klarheit zu gewinnen und vom täglichen Stress abzuschalten. Es gab aber auch einen medizinischen Anlass: Bei meinem letzten Aware Long Term Health Check war mein HOMA-IR-Wert leicht erhöht, ein Marker für die Insulinsensitivität, und mein LDL-Cholesterin lag im oberen Bereich.

Alle Teilnehmer:innen der Fastenkur hatten ihre ganz eigenen Gründe. Manche hatten gerade die Diagnose Typ-2-Diabetes erhalten und wollten herausfinden, welchen Einfluss Fasten auf ihren Blutzuckerspiegel hat. Der Prozess half vielen zu erkennen, wie viel Kontrolle sie selbst über den Verlauf der Erkrankung durch Veränderungen im Lebensstil haben.

Zwar wird in der Forschung noch über den genauen Nutzen des Fastens diskutiert – und viele Studien beziehen sich vor allem auf intermittierendes Fasten – doch es gibt Hinweise darauf, dass Fasten helfen kann, bestimmte metabolische und kardiovaskuläre Risikofaktoren zu verbessern: etwa Entzündungen zu senken, die Insulinsensitivität zu verbessern, erhöhte Triglycerid- und LDL-Werte zu senken sowie den Blutdruck zu regulieren.
Auch bei bestimmten Autoimmunerkrankungen wie rheumatoider Arthritis wurden potenzielle Vorteile beobachtet. Aktuelle Studien legen nahe, dass regelmäßiges Fasten, ob intermittierend oder über längere Zeiträume, mit einer höheren Lebenserwartung in Verbindung stehen könnte. Gleichzeitig birgt längeres Fasten auch Risiken wie die Entstehung von Gallensteinen oder ein Absinken des Natriumspiegels.

Wie war mein Energielevel?

Der zweite Tag war der härteste. Nachdem mein Körper die meisten Glykogenreserven aufgebraucht hatte, kam der typische „Einbruch“ – auch bekannt als „die Wand treffen“. Es dauerte eine Weile, bis ich morgens in die Gänge kam. Etwas frisch gepresster Orangensaft half spürbar. Faszinierend, wie drei Orangenscheiben plötzlich Energie zurückbringen können.

Nach etwa vier Tagen stabilisierte sich mein Energielevel auf einem konstant hohen Niveau. Ich fand schnell eine gute Routine aus Schwimmen und Wandern, um aktiv zu bleiben und Muskelabbau zu vermeiden. Nach einer Woche stand eine ganztägige Bergwanderung an, mit über 1.200 Höhenmetern. Spätestens da wurde mir klar, wie erstaunlich gut sich mein Körper auf das Fasten eingestellt hatte.

Hilft Fasten beim Abnehmen?

Fasten kann ein effektiver Anstoß sein, ist aber keine nachhaltige Strategie zur Gewichtsreduktion. Idealerweise sollte Gewichtsverlust im Rahmen einer langfristigen und schrittweisen Umstellung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten erfolgen.

Wie hat sich das Fasten auf meine Biomarker ausgewirkt?

Vor dem Fasten lagen mein LDL-Cholesterin und mein HOMA-IR-Wert außerhalb des Normbereichs. Der HOMA-IR ist ein Schätzwert für die Insulinsensitivität – also dafür, wie gut der Körper in der Lage ist, Zucker aus dem Blut zu verstoffwechseln.

Auch wenn in der Forschung noch darüber diskutiert wird, haben einige Studien gezeigt, dass Fasten – insbesondere intermittierendes Fasten – die Insulinsensitivität verbessern kann. In meinem Fall lagen nach dem Fasten sowohl der HOMA-IR-Wert als auch das LDL wieder im Normbereich, und mein Nüchterninsulin war um 25 % gesunken.

Darüber hinaus sind meine ApoB-Werte – ein Marker für LDL-Partikel im Blut – um 20 % gefallen, von einem normalen in einen optimalen Bereich. Niedrigere ApoB-Werte deuten auf gesunde LDL-Werte hin und können langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senken. Wie stark sich das Fasten auf Biomarker auswirkt, hängt allerdings von vielen Faktoren ab und ist individuell sehr verschieden.

Fazit

In vielen alten Ritualen und Religionen sollte der Verzicht auf Nahrung einen näher zum Göttlichen bringen. Aber was ist mit dem nicht-religiösen Fasten? Worauf werde ich hingelenkt, wenn ich auf Abende voller Wein und Mezze verzichte? War eine 14-tägige Abstinenz von frisch gebackenem Sauerteigbrot mit Aprikosenmarmelade wirklich der einzige Weg, meine unbändige Lust auf Essen in den Griff zu bekommen? Was ist mit meinem Verlangen nach Pizza und stundenlang geschmortem Ragù? Und ja – ich liebe auch die veganen Versionen.

Seit meiner Rückkehr nehme ich mir viel mehr Zeit beim Essen. Ich koche besser, esse weniger, snacke nicht. Ich vermeide verarbeitete Kohlenhydrate, und das gelegentliche Hirn-Nebel-Gefühl nach dem Essen ist nicht zurückgekehrt. Ich bin aktiver, energiegeladener und trainiere mehr. Bring mich in deinen Lieblingsladen für gezogene Szechuan-Nudeln – ich teile immer noch gern eine Mahlzeit mit dir. Nur bestelle ich inzwischen die kleinere Portion statt mich an der großen zu überessen.

Fasten hat mir ein neues Bewusstsein dafür gegeben, wann und was ich esse. Ich konnte Stress abbauen, mich auf mich selbst fokussieren und dabei tolle Menschen kennenlernen.

Ich liebe ein Zitat von Anthony Bourdain (seine Bücher waren mein guilty pleasure während des Fastens):
„Du lernst eine Menge über jemanden, wenn du mit ihm eine Mahlzeit teilst.“
Ich würde hinzufügen: Man lernt genauso viel über sich selbst, wenn man zusammen fastet.

References
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