Veröffentlicht am
July 8, 2025
Aktualisiert am
July 14, 2025
Kann Kältetherapie die Immunität stärken?
Das sagt die Wissenschaft über die gesundheitlichen Auswirkungen der Kältetherapie.

Das Wichtigste in Kürze:
- Kältetherapie hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen – unter anderem durch Gesundheitsinfluencer wie Wim Hof, der ihre Vorteile hervorhebt.
- Obwohl die Forschung noch begrenzt ist, deuten einige Studien darauf hin, dass Kältetherapie Entzündungen reduzieren, das Immunsystem stärken und die Muskelregeneration nach dem Sport unterstützen kann.
- Kalte Duschen sind die einfachste und sicherste Methode, um Kältetherapie auszuprobieren – es gibt aber auch verschiedene andere Ansätze.
Wenn wir in die Wintermonate starten, klingt eine kalte Dusche zur Stärkung des Immunsystems zunächst widersinnig. Schließlich gibt es kaum etwas Angenehmeres, als nach einem eisigen Heimweg unter einer heißen, dampfenden Dusche aufzutauen. Dennoch gibt es eine Bewegung, die behauptet, dass sogenannte Kältetherapie – darunter kalte Duschen – eine Reihe gesundheitlicher Vorteile mit sich bringt.
Das Konzept der Kältetherapie ist vor allem durch den Niederländer Wim Hof, auch bekannt als „The Iceman“, in den Mainstream gerückt. Der Extremsportler und Weltrekordhalter propagiert die gesundheitlichen Vorteile seiner Methode, der Wim-Hof-Methode, die auf bewusster Atmung, Kälteanwendung und mentaler Fokussierung basiert. Befürworter wie Hof behaupten, dass Kältetherapie zahlreiche positive Effekte haben kann – darunter weniger Entzündungen, eine verbesserte Immunantwort, ein schnellerer Stoffwechsel und eine raschere Regeneration nach dem Sport. Doch wie stichhaltig sind diese Versprechen wirklich?
Lies weiter, um zu erfahren, was die Wissenschaft über die gesundheitlichen Auswirkungen von Kältetherapie sagt.
Was ist Kältetherapie?
Fangen wir mit den Grundlagen an: Kältetherapie bezeichnet die gezielte Anwendung von kaltem Wasser oder Eis, um die körperliche oder mentale Gesundheit zu fördern. Sie wird auch als Kaltwassertherapie oder Kryotherapie bezeichnet. Die einfachste Form ist wohl die kalte Dusche.
Weitere gängige Methoden der Kältetherapie sind Eis- oder Kaltwasserbäder, Schwimmen in kaltem Wasser, das Auflegen von Eisbeuteln sowie Kaltwasser-Immersionstherapien.
Kann Kältetherapie das Immunsystem stärken und Entzündungen senken?
Befürworter der Kältetherapie schreiben der Methode zahlreiche Vorteile für Körper und Geist zu. Doch was sagt die Wissenschaft konkret über ihre Wirkung auf Entzündungen und das Immunsystem? Schauen wir genauer hin.
Entzündungen
Einige Studien deuten darauf hin, dass Kältetherapie bestimmte Entzündungsmarker im Körper senken kann. Solche sogenannten Biomarker sind messbare medizinische Kennzeichen, die Ärzt*innen helfen, den Gesundheitszustand einer Person besser zu beurteilen. Sie finden sich z. B. im Blut, in Körperflüssigkeiten oder Gewebe und zeigen normale oder krankhafte Prozesse an.
Eine im Fachjournal Reumatologia veröffentlichte Studie untersuchte die Wirkung von Kältetherapie auf Entzündungsmarker wie das C-reaktive Protein (CRP), das in der Leber bei Entzündungen gebildet wird. Ein dauerhaft erhöhter CRP-Wert kann auf chronisch-entzündliche Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis oder Morbus Crohn hinweisen. Die Studie zeigte, dass bei Menschen mit rheumatoider Arthritis, die einer Kältetherapie unterzogen wurden, die CRP-Werte im Vergleich zu jenen, die nur eine Standard-Rehabehandlung erhielten, signifikant gesenkt waren.
Eine weitere Untersuchung, veröffentlicht in PLOS One, fand heraus, dass männliche Athleten nach sportlicher Aktivität durch Kältetherapie reduzierte Werte von Interleukin-1 beta (IL-1β) aufwiesen – einem weiteren Entzündungsmarker.
Verbesserte Immunfunktion
Was ist mit der Behauptung, dass kaltes Duschen das Immunsystem stärkt? Auch hierfür gibt es wissenschaftliche Hinweise. Eine Studie zeigte, dass Kaltwasserschwimmen die Anzahl weißer Blutkörperchen erhöhen kann – diese sind maßgeblich an der Abwehr von Infektionen beteiligt.
Eine andere Untersuchung in PLOS One belegte, dass Menschen, die 30 Tage lang täglich für 30 bis 90 Sekunden kalt duschten, in den darauffolgenden drei Monaten zu 29 % seltener krankheitsbedingt bei der Arbeit fehlten – im Vergleich zu Personen, die warm duschten. Interessanterweise berichteten sie jedoch nicht von insgesamt weniger Krankheitstagen, sondern eher von milderen Symptomen. Die Forschenden schlossen daraus, dass kaltes Duschen möglicherweise nicht Krankheiten verhindert, aber den Krankheitsverlauf abschwächen könnte.

Was die Forschung zu weiteren Vorteilen von Kältetherapie, kalten Duschen und Kaltwasseranwendungen sagt
Kältetherapie soll außerdem die Aktivität des Vagusnervs verbessern, den Stoffwechsel ankurbeln und die Erholung nach dem Sport fördern. Hier ein Überblick darüber, was die Forschung zu diesen Behauptungen sagt.
Verbessert die Aktivität des Vagusnervs
Der Vagusnerv ist der längste Hirnnerv im Körper und verläuft vom Gehirn bis zum Dickdarm. Er ist für unwillkürliche Körperfunktionen verantwortlich – also solche, die wir nicht bewusst steuern können – darunter Verdauung, Herzfrequenz und das Immunsystem.
Einige Studien deuten darauf hin, dass Kältetherapie den Vagusnerv stimulieren und den Stress im Körper reduzieren kann, indem sie die Herzfrequenz senkt.
Steigert den Stoffwechsel
Viele Gesundheits-Influencer preisen Kälteanwendungen als Methode zur Gewichtsabnahme an – jedoch gibt es bislang keine stichhaltigen wissenschaftlichen Belege, die diese Behauptung uneingeschränkt unterstützen. Einige Studien deuten allerdings darauf hin, dass Kältetherapie die Stoffwechselrate – also die Geschwindigkeit, mit der der Körper Kalorien verbrennt – erhöhen kann.
Jahrelang haben Forschende die sogenannten Haenyeos untersucht - koreanische Taucherinnen, die ihren Lebensunterhalt damit verdienen, Meeresfrüchte in den kalten Gewässern rund um die Insel Jeju zu ernten. Bevor in den 1980er-Jahren Neoprenanzüge eingeführt wurden, tauchten diese Frauen nur mit dünnen Baumwollanzügen. Die Forschenden beobachteten, dass ihre Stoffwechselrate in den kalten Wintermonaten deutlich höher war als im Sommer.
Bessere Regeneration nach dem Sport
Vielleicht hast du schon mal gesehen, wie Profisportler*innen nach einem harten Training Eisbeutel um ihre Arme oder Beine wickeln – um die beanspruchten Muskeln zu beruhigen. Diese Praxis wird auch von der Wissenschaft gestützt, auch wenn die Ergebnisse nicht eindeutig sind.
Eine Studie ergab, dass Radfahrer*innen, die sich nach einem einstündigen intensiven Training für 10 Minuten in kaltem Wasser badeten, weniger Muskelschmerzen in den Beinen hatten.
Eine systematische Übersichtsarbeit mit fast 1.100 Teilnehmenden kam zu dem Schluss, dass Kältetherapie innerhalb einer Stunde nach dem Training Schmerzen durch Muskelkater (DOMS) für etwa 24 Stunden lindern kann. Die Autor*innen weisen jedoch darauf hin, dass weitere qualitativ hochwertige Studien nötig sind, um den tatsächlichen Nutzen zu bestätigen.
Tipps für den Einstieg in die Kältetherapie
Eine der einfachsten Möglichkeiten, in die Kältetherapie einzusteigen, ist die kalte Dusche. Du musst dabei nicht direkt in eiskaltes Wasser springen, um erste positive Effekte zu spüren. In einer Studie, die zeigte, dass Menschen durch kalte Duschen weniger Krankheitstage hatten, reichte es aus, mit einer warmen Dusche zu beginnen und sie mit 30, 60 oder 90 Sekunden kaltem Wasser zu beenden. Alle Varianten führten zu weniger Krankheitstagen – was bedeutet: Deine kalte Dusche muss nicht lang sein, um wirksam zu sein.
Weitere Methoden der Kältetherapie:
- Eisbäder
2 bis 10 Minuten reichen aus. Bleibe aber nie länger als 15 Minuten im Eiswasser. - Kühlpacks
Bei müden oder schmerzenden Muskeln 15–20 Minuten lang anwenden. - Schwimmen in kaltem Wasser
Nur für kurze Zeit – und nur mit Vorsicht. Bei Menschen mit Herzproblemen kann das Risiko für Herzrhythmusstörungen steigen.
Tipp:
Der beste und einfachste Weg, mit kalten Duschen zu starten: Beginne an den Beinen, dann die Arme, und arbeite dich langsam zum Oberkörper hoch. Zum Schluss den restlichen Körper abduschen. Ist dir das zu heftig, starte langsam: 1–2 Mal pro Woche für ein paar Sekunden oder Minuten – so baust du nach und nach eine Toleranz auf.
Kältetherapie ist nicht für alle geeignet.
Für manche Menschen – zum Beispiel bei bestimmten Erkrankungen wie Herzproblemen oder während der Schwangerschaft – kann Kältetherapie ungeeignet oder nur mit Vorsicht durchzuführen sein. Sprich daher unbedingt zuerst mit deinem Arzt oder deiner Ärztin, bevor du mit einer Kältetherapie beginnst.
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